Der Markt auf einen Blick: Was habe ich gesagt
Donald Trump ist nun tatsächlich wiedergewählt worden. Auch wenn es noch zu früh ist, die Auswirkungen dieser Präsidentschaft vollständig abzuschätzen, scheinen die Finanzmärkte bereits ihre Schlüsse gezogen zu haben. Doch könnten sie damit zu voreilig sein? Warum die wirklichen Chancen vielleicht noch vor uns liegen, zeigen wir in diesem Newsletter.
In der Rubrik «Entmystifizierung» haben wir über 20’000 US-Aktien von 1950 bis 2022 analysiert und mit dem S&P 500 verglichen, um die Debatte endgültig zu klären: Ist Stock Picking besser als das Investieren in Indexfonds? Lesen Sie unsere spannenden Ergebnissen.
Viel Vergnügen beim Lesen!
Der Markt auf einen Blick: Was habe ich gesagt
Song des Monats: «What'd I say» von Ray Charles
Der Legende nach entstand der Kultsong «What'd I Say» ganz spontan. Bei einem Konzert in Brownsville im Jahr 1958 wandte sich Ray Charles, dem das Songmaterial ausging, an seine Band und die Backgroundsängerinnen und sagte: «Ich werde improvisieren, macht mit!» Das Ergebnis? Ein zeitloses Call-and-Response-Meisterwerk, das den R&B revolutionierte und seinen Platz in der Musikgeschichte festigte.
Nun ist ein anderer Meister des Wechselgesangs – wenn auch in einem ganz anderen Bereich – kürzlich zum Präsidenten der Vereinigten Staaten wiedergewählt worden, was tiefgreifende Veränderungen andeutet.
In einer Zeit, in der die Nationen versuchen, ihre Strategien aufeinander abzustimmen und die Finanzmärkte im Rhythmus schwanken, passt der Vergleich mit «What'd I Say» überraschend gut.
Seit dem 5. November steht Donald Trump im Zentrum der Aufmerksamkeit. Auch die Märkte scheinen sich nach ihm zu orientieren und reagieren heftig auf jede Ankündigung eines wichtigen Mitglieds der künftigen Regierung. In ihren oft überstürzten Reaktionen könnten Ansätze für zukünftige Chancen liegen.
Werfen wir einen genaueren Blick darauf, wie die Märkte auf die Ankündigungen des Präsidenten reagieren.
Die wichtigsten Erkenntnisse:
Donald Trump ist wie Ray Charles ein Meister des Wechselgesangs. Wenn er ruft, reagieren die Märkte und mit diesen Schwankungen ergeben sich auch Chancen.
Während die US-Aktien einen soliden Anstieg verzeichneten, gerieten die internationalen Märkte aus dem Gleichgewicht. Besonders die europäischen und asiatischen Indizes litten unter den Sorgen über Zölle und angespannte globale Beziehungen.
Der Anleihemarkt bleibt skeptisch und fragt sich, ob Trumps Politik die Inflation anheizen wird – eine unangenehme Aussicht für ein Land mit 35 Billionen Dollar Schulden.
Digitale Vermögenswerte haben ihren Rhythmus gefunden: Bitcoin hat einen Höchststand erreicht und nähert sich der 100’000-Dollar-Marke, da kryptofreundliche Personen in der Regierung ein günstiges Umfeld versprechen.
Rohstoffe litten unter schwacher Nachfrage und politischer Unsicherheit, während der Dollar nach einer Rallye im Vorfeld der Wahlen eine Verschnaufpause einlegte.
Die Entwicklung der Aktien
Einige Märkte haben sich schnell dem Rhythmus des Präsidenten angepasst. Seit Anfang November steigt der S&P 500, der wichtigste amerikanische Aktienindex, getragen von einer Welle des Optimismus. Es ist das alte Lied: Ähnlich enthusiastisch nahmen die Märkte die erste Wahl Trumps im Jahr 2016 auf.
Doch dieses Mal gibt es bemerkenswerte Unterschiede. Während Deregulierung und Steuersenkungen weiterhin im Mittelpunkt der Regierungsagenda stehen, haben sich neue Prioritäten herauskristallisiert, die in Sektoren wie Energie und Banken zu Wachstum führen.
Jenseits der US-Grenzen ist die Stimmung weniger harmonisch. Die internationalen Märkte gerieten aus dem Gleichgewicht, da sich die Anlegerinnen und Anleger offenbar von den meisten europäischen und asiatischen Indizes abwandten, die den Monat mit Verlusten abschlossen. Drohende neue Zölle und zunehmende Spannungen in den internationalen Beziehungen belasten die Stimmung und bringen die Weltmärkte ins Wanken.
Die Entwicklung der Anleihen
Trotz des guten Starts von Präsident Trump – unterstützt von einem «Dream-Team» aus Unternehmerinnen und Unternehmern und einer Mehrheit im Senat – bleibt der Anleihemarkt skeptisch. Eine entscheidende Frage beschäftigt die Analystinnen und Analysten: Werden die Massnahmen der neuen Regierung die Inflation anheizen oder eindämmen?
Das Vertrauen des Anleihemarktes zu gewinnen, ist für jede Regierung von entscheidender Bedeutung, insbesondere bei einer Staatsverschuldung von 35 Billionen Dollar und steigenden Kreditkosten. Die jüngste Geschichte erinnert uns eindringlich an die Folgen einer falschen Ausrichtung: Im Jahr 2022 wurden die wirtschaftspolitischen Vorschläge von Liz Truss von den britischen Märkten deutlich abgelehnt, was zu ihrem raschen Sturz führte. In ähnlicher Weise haben die Anleihezinsen in Frankreich kürzlich die griechischen Zinsen übertroffen, was darauf hindeutet, dass das Vertrauen der Anlegerinnen und Anleger erschüttert ist.
Wenn der Anleihemarkt das Vertrauen in eine politische Agenda verliert, reagiert er oft stark, und die daraus entstehenden Konflikte können einen hohen Preis haben.
Die Entwicklung von Rohstoffen, W ährungen und digitalen Vermögenswerten
Ein Markt, der zunehmend Aufmerksamkeit gewinnt, ist der Markt für digitale Vermögenswerte. Die Ernennung von kryptofreundlichen Personen wie Elon Musk, Scott Bessent und Paul Atkins in Schlüsselpositionen der Regierung signalisiert ein potenziell günstigeres Umfeld für Kryptowährungen. Vor allem Bitcoin hat die Gunst der Stunde genutzt und nähert sich der symbolischen Marke von 100’000 Dollar.
Die Rohstoffmärkte bleiben hingegen volatil. Die Nachfrage ist schwach, und das Angebot hat Mühe, sich an die erwarteten Auswirkungen der neuen Zölle und der Änderungen in der US-Energiepolitik anzupassen.
Der US-Dollar, der im Vorfeld der Wahlen stark angestiegen war, scheint nun eine Verschnaufpause einzulegen, während sich auch die Märkte insgesamt beruhigen.
Die Reaktionen der Finanzmärkte auf die Ankündigungen des neuen Präsidenten waren bisher schnell und stark polarisiert. Doch die Entwicklung ist noch lange nicht abgeschlossen.
Erstens ist das einzig Vorhersehbare an Trumps Präsidentschaft seine Unvorhersehbarkeit – ein Faktor, den die Märkte noch nicht vollständig in ihre Prognosen einbezogen haben.
Zweitens müssen sich auch die auf dem Papier vielversprechendsten Regierungen in der Praxis bewähren, und zwischen Absicht und Umsetzung klafft oft eine grosse Lücke.
Und drittens wurden die Reaktionen der globalen Handelspartner stark unterschätzt. Werden Europa, Asien und Kanada passiv bleiben? Die Geschichte lehrt uns etwas anderes. Da diese Länder die Auswirkungen von Zöllen bereits zu spüren bekommen haben, ist es unwahrscheinlich, dass sie untätig bleiben. Die Dynamik des internationalen Handels ist weitaus komplexer, als sie auf den ersten Blick scheint.
Letztlich sind die Reaktionen der «Chorsänger» – der globalen Märkte und Handelspartner – genauso wichtig wie die Rufe des «Vorsängers». Die vielversprechendsten Investitionsmöglichkeiten können sich gerade in Zeiten der Anpassung, der Spannungen und der Uneinigkeit ergeben.
Bleiben wir also aufmerksam und bereiten wir uns darauf vor, flexibel auf Entwicklungen zu reagieren.
Zeit für eine Entmystifizierung: Wie gut stehen Ihre Chancen, den Markt zu schlagen?
Es gibt zwei Hauptansätze beim Investieren:
Stock Picking: Der Versuch, aus Tausenden Optionen die «Gewinneraktien» herauszupicken.
Investieren in Indexfonds: Von allem etwas kaufen und darauf vertrauen, dass der Aktienmarkt im Durchschnitt über die Zeit wächst.
Obwohl das Investieren in Indexfonds in den vergangenen Jahrzehnten an Popularität gewonnen hat, tendieren viele Anlegerinnen und Anleger nach wie vor zum Stock Picking – einfach, weil es spannend ist. Wer hat nicht schon einmal davon geträumt, ein Unternehmen wie Apple oder NVIDIA frühzeitig zu entdecken?
Aber funktioniert das wirklich? Rechtfertigt der mögliche Ertrag den Aufwand? Wie stehen die Chancen, den Markt zu schlagen?
Um diese Fragen zu beantworten, haben wir die Performance von über 20’000 US-Aktien analysiert, die zwischen 1950 und 2022 an der Börse notiert waren. Wir haben die Gesamtrenditen der einzelnen Aktien – von der Börsennotierung bis zum Delisting – mit jenen des S&P 500 verglichen, der die 500 grössten Unternehmen der USA abbildet.
Das Ergebnis: Nur etwa ein Drittel der Aktien konnte den Index übertreffen.
Auch wenn eine Chance von 35 % verlockend klingen mag, gibt es noch einen weiteren entscheidenden Aspekt: die zu erwartende Rendite. Die Rendite muss das eingegangene Risiko rechtfertigen. Doch die Realität sieht anders aus:
Aktien, die sich schlechter als der S&P 500 entwickeln, weisen eine durchschnittliche jährliche relative Rendite von –29,3 % auf.
Aktien, die sich besser als der Index entwickeln, erzielen nur +8,9 % pro Jahr.
Zusammengefasst: Die Verluste durch Fehlentscheidungen übersteigen bei weitem die Gewinne bei richtigen Entscheidungen.
Man könnte argumentieren, dass die Einbeziehung auf nicht mehr börsennotierte Aktien die Ergebnisse verzerren könnte, da diese tendenziell eine schlechtere Performance aufweisen. Bei der Analyse von 6244 derzeit börsennotierten US-Aktien blieben die Ergebnisse jedoch unverändert.
Bemerkenswert ist auch, dass eine Aktie im Durchschnitt nur 10,5 Jahre an der Börse notiert ist. Selbst wenn Sie von Ihren Fähigkeiten bei der Aktienauswahl überzeugt sind, bleibt das Zeitfenster für den Erfolg oft begrenzt.
Das Fazit? Stock Picking mag spannend sein, aber die Wahrscheinlichkeit – und die Mathematik – legen nahe, dass für die meisten Anlegerinnen und Anleger die einfachere Möglichkeit, in einen Index zu investieren, die bessere Wahl ist.